GG Premiere VDP 2024 – Burgunder und Silvaner

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Große Gewächse und großartige Weine: VDP GG Premiere 2024

Die letzte Augustwoche bringt nicht nur die ersten Dominosteine und Spekulatius in die Supermärkte, es ist auch die Zeit der Spekulationen um die deutschen Großen Gewächse – des VDP®! Mittlerweile rückt das Release-Datum der neuesten GG-Jahrgänge – hauptsächlich 2023 – immer näher an die Lese des neuen Jahrgangs heran, Überschneidungen sind sogar nicht mehr unwahrscheinlich. Das Kurhaus in Wiesbaden hat seine Tore geöffnet, um dem Fachpublikum neben einer Riesling-Kur auch die Grand Crus deutscher Burgunder zu präsentieren. Insgesamt 470 GGs stehen auf der Weinkarte des VDP®. Am Openingtag wird traditionell alles außer Riesling serviert.

Veröffentlicht am 30. Juli 2024

Als Österreicher sage ich „Servus, liebe Tesdorpfer!“ Mein Name ist Marcel Ribis, ich bin Senior Buyer und berichte in diesem Jahr für Sie über die Großen Lagen der Nation.

Neben Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay und Spätburgunder gibt es noch die Silvaner-GGs, insgesamt überschaubare 19 Stück. Ein fränkisches Weinguts-Trio strahlt dabei besonders heraus: Zehnthof Luckert, Bickel-Stumpf und Rudolf May.

Rudolf Mays GG Himmelspfad zeigt sich sehr balanciert, kräftig, mit leichter Fruchtsüße – ein Klassiker mit begeisternder Textur. Rothlauf duftet verführerisch und hat mit seiner Säurestruktur einen guten Zug. Das GG Rothlauf von Bickel-Stumpf lohnt ebenfalls, frische Nase, vegetabil, äußerst spannend. Mit dem Mönchshof legen Melanie und Bruder Matthias  vom Weingut Bickel Stump ein weiteres spannendes GG 2023 vor. Unschlagbar ist und bleibt das GG Maustal vom Zehnthof Luckert, dass nicht nur enormes Reifepotenzial besitzt, sondern sich auch schon in seiner Jugend ernsthaft zeigt. Einfach aus einem Guss!

Bei den Burgundern stellt sich die Frage, wie viele fallen um wie Dominosteine, weil sie versuchen Burgund nachzuahmen und wenig eigenständig ihr Terroir transportieren.

Eine Überraschung kommt aus dem Weinbaugebiet Saale Unstrut, der VDP Neuling Böhme & Töchter hat mit der Großen Lage Edelacker einen wunderbar authentischen Weißen Burgunder aus dem Jahrgang 2022 auf die Flasche gebracht! Wer das Weingut auf dem Radar hat, findet diese Entwicklung von den Geschwistern Marika, Toska und Sandro natürlich alles andere als überraschend, allerdings hatten die in der Vergangenheit mit Ernteausfällen zu kämpfen. Daher sollte man sich diesen sehr gelungenen Weißburgunder definitiv sichern! Der Pfälzer Herrenberg von Pfeffingen ist mit seiner Klassik ein unkomplizierter Wein, der richtig Freude macht. Herausragend bei den Weißburgundern ist das Weingut Ökonomierat Rebholz. Die Pfälzer GGs Im Sonnenschein und Mandelberg sind präzise und rund, mit viel Kraft und grandioser Länge. Wenn mehrere Weingüter aus einer Lage hervorragende Weine machen, zeigt sich eine wirklich große Lage. So der Mandelberg, denn auch bei Dr. Wehrheim steckt im Weißburgunder eine klasse Struktur und sehr ansprechende Säure. Die Nase erinnert mich als Österreicher mit einer dezenten Marillennote an die Wachau. In Baden hat Dr. Heger mit dem GG Winklerberg die Nase vorn. Sehr straff, schönes Zusammenspiel von Holzeinsatz und Frische, überaus spannend! Auch der Schlossberg von Graf Neipperg aus Württemberg besitzt neben einer guten Struktur viel Tiefgang. Ein Klassiker, und trotz alter Schule ein Wein mit Trinkfluss.

Bei den Grauburgunder GGs gibt es für mich einen klaren Gewinner: Rainer Schnaitmann mit dem 2022er Lämmler. Sehr duftige, florale Nase, wunderbar am Gaumen. Ein Wow-Wein! Ein weiteres Muss aus Baden ist Salwey. Konrad präsentiert die 2021er Lagen Eichberg und Henkenberg. Das Weingut Franz Keller liefert mit der Kähner Bassgeige den besten Schmelz des Jahrgangs 2022. Wer es klassisch mag, dem empfehle ich Dr. Heger. Auch hier zeigt sich der Schlossberg als Großes Gewächs, wie auch GG Vorderer Winklerberg, beides Weine mit guter Seele.

Beim Chardonnay stellt sich die „GGroße“ Frage: Burgund oder Baden. Das GG Kirchberg von Franz Keller ist authentisch und aus einem Guss. Karsten Salweys Henkenberger Steingrubenberg begeistert mich ebenfalls mit briochigen Noten und erfrischenden Grünteearomen. Einen zweiten Schluck Wert ist auch Weingut Wöhrle mit Kronenbühl Unten an der Teufelslochgasse. Trotz sperrigem Namen ein sehr zugänglicher Wein mit Frische und Länge und ordentlich Holz.

Wechseln wir die Weinfarbe. Der erste Rotweinflight besteht an diesem fortgeschrittenen Sonntag aus Frühburgunder. Der Mönchberg vom Deutzerhof ist ein schöner Auftakt zu den roten Burgunder. Insgesamt sind die roten Burgunder vom Deutzerhof mit ihrer Frische und Balance sehr gefällig.

Meike und Dörte vom Weingut Meyer-Näkel mit dem GG Sonnenberg den besten Spätburgunder von der Ahr. Sehr schöne präzise Frucht, schöner Schmelz und ebenso schöne Länge. Das kennen wir und lieben wir von ihnen, weshalb wir auch den Wein des Monats als Exklusivwein bei uns haben.

Der rote Abtsberg von Maximin Grünhaus ist schon mit dem Premieren-Jahrgang 2022 ein gelungenes Stück Spätburgunder mit Beaujolais-Touch. Es ist das erste Rotwein-GG der gesamten Region Mosel – Saar – Ruwer.

Im Rheingau begeistert mich das GG Hassel vom Weingut Kaufmann. Schießpulver, Straffheit, Struktur – ein toller Spätburgunder. Auch Künstlers Reichestal ist sehr gut. Erdig, dunkle Frucht, viel Fleisch. Auch der Edelacker Spätburgunder von Böhme & Töchter ist einer der herausstechenden Weine in Wiesbaden. In Franken geht nichts ohne Fürst. Sicher sein bestes GG ist der Schlossberg 2022. Wahnsinnig gut ist auch Luckerts Spätburgunder aus der Großen Lage Maustal. Besonders schön sind solche Überraschungen, wenn vermeintliche Weißweinspezialisten ihr Können unter Beweis stellen. Was Philipp, Uli und Wolfgang machen, ist Erste Liga auf internationalem Niveau.

Den Namen Großes Gewächs verdient hat in Rheinhessen die Lage Heerkretz von Wagner-Stempel. Ein saftiger Spätburgunder mit Körper und Frische. Highlight für mich ist aber Battenfeld Spanier mit einem wahren Kunststück: Das GG Kirchenstück ist einer der feinsten Spätburgunder in diesem Jahr. Leicht rauchig, einfach betörend. In der Pfalz geht nichts über das Weingut der Brüder Rings! Die GGs Saumagen aber auch Felsenberg von Andi und Steffen sind das beste unter den deutschen Rotweinen. Auch das neueste GG Vogelsang von Sophie und Steffen Christmann ist herausragend!

In Württemberg ist es wieder Rainer Schnaitmanns Lämmler, das mit Feinheit herausragt. Das ist Pinot nach meinem Geschmack! Bernhard Hubers Schlossberg ist das deutsche Pendant zu Vosnee Romanée – punktuell auch sehr konzentriert. Die roten Burgunder von Huber sind in diesem Jahr deutlich charmanter als die Weißen, die mich mit sehr viel Reduktion doch eher ratlos zurücklassen.  Auch das GG Alte Burg ist mit seiner Konzentration outstanding. Nicht zu vergessen natürlich der Bienberg – was für eine Intensität! Spätburgunder at its best aus Baden kommt von Keller. Vorallem die GGs Kirchberg und Eichberg, beide mit Feinheit, Finesse und blumiger Nase, gehören zur deutschen Rotweinspitze.

Last, but not least: Lemberger. Hier gibt Moritz Haidle vom Weingut Karl Haidle mit den GGs Berge und Gernhalde den Beat vor. Zum dritten Mal beeindruckt mich die Lage Lämmler. Wieder ist es Rainer Schnaitmann. Ist Rainer also der GGroßmeister des Lämmler oder ist Lämmler die GGroßartige Lage in Württemberg. Diese Frage werde ich mit Kolleginnen und Kollegen morgen Abend bei Riesling und Zimtsternen besprechen.